Donnerstag, 13. Dezember 2007

Cotopaxi

24 Uhr, hellwach klettere ich aus einem der 60 Bettem im Refugio. Mein Herz schlägt unregelmäßig. 4800m sind eben doch ungewohnt. Langsam ziehe ich mir meine Ausrüstung an. Steigeisen und Eispicke befestige ich an meinem Rucksack. Ich bin aufgeregt. 1100 Höhenmeter liegen vor mir. Zweifel kommen auf? Was wenn etwas passiert? Was wenn ich es nicht schaffe? Der Gipfel des aktiven Vulkanes, des Cotopaxi liegt so nah- und doch weiter entfernt als je zuvor. Als letzte Gruppe verlassen Ole, Niklas, Sven und Ich das Refugio mit unseren Guides. Es schneit. Schlechtes Wetter, das war unsere Befürchtung. Meine Nervosität steigt, ich habe sogar Angst. Trotzdem geht es los.
Die ersten 10 Minuten spazieren wir fast, es ist eigentlich doch ganz nett bis zur Schneegrenze. Dort befestigen wir unsere Steigeisen an unseren Schuhen und teilen uns in zwei Gruppen auf, sichern uns mit Seilen ab. Sven und Niklas sowie Ole und ich jeweils mit unseren Führern.
Schritt für Schritt arbeiten wir uns den Berg hoch. Mit der Zeit geht es immer besser. Auch das Wetter spielt plötzlich mit. Bei sternklarem Himmel und klarer Sicht macht das klettern richtig Spaß! Unwirklich ist das was ich sehe. Vor mir schlängelt sich eine ganze Karawane leuchtender kleiner Punkte durch die Dunkelheit den Berg hoch. Was ich sehe sind die Stirnlampen, der anderen Klettertruppen, die vor uns gestartet sind.
Auf einmal habe ich einen richtigen Rhythmus gefunden. Obwohl der Aufstieg an meinen Kräften zehrt, merke ich kaum wie steil die Strecke ist.
Ein Schritt mit dem linken Bein- Einatmen-Ausatmen-Einatmen-Austamen- Ein Schritt mit dem rechten Bein-Einatmen...
Richtig schnell sind Ole und ich! Eine Gruppe nach der anderen lassen wir hinter uns, die ersten Abbrecher kommen uns entgegen.
Einatmen-Ausatmen...
Nur 2 kurze Pausen bringen uns aus dem Rhythmus wieder raus. Pausen sind schlecht, dannach fällt das weitergehen immer schwerer.
Nach 4 Stunden, oder waren es nur 2? oder 5? ein ganzer Tag? Die Zeit ist verschwommen, unklar, nicht mehr einschätzbar, erreichen wir eine kleine Kuppe, es fängt an zu Dämmern, es wird sogar richtig hell, in nur wenigen Minuten. Ich spüre Erleichterung. Vor uns ist der Gipfel zu sehen! Spätestens jetzt weiß ich dass ich es schaffe. Nur noch eine halbe Stunde, ganz sicher! Fast. Was ich noch nicht wusste: der schwierigste und steilste Teil liegt noch vor mir. Die nächsten 2 Stunden sollten sich zur größten Anstegnung meines Lebens entwickeln, zu einer reinen Qual. Warum mache ich das eigentlich? Bei jedem Blick nach oben entfernt sich der Gipfel weiter, nach jeder neuen Kuppe sieht man nur den nächsten Hügel, einen neuen Abschnitt, eine weitere Tortur. Dreimal Atmen- linkes Bein- dreimal atmen- rechtes Bein. So kalt war mir noch nie. Die Luft wird dünner. Fünfmal atmen- linkes Bein... Meine Füße sind Eisklumpen, ich habe Kopfschmerzen, kann meine linke Hand kaum bewegen. Und immer weiter, Schritt für Schritt dem Ziel entgegen.
Und dann plötzlich sind wir oben, unglaublich, nach 6 Stunden erreichen wir die höchste Stelle des Kraterrandes. 5897m. Glück durchströmt mich. Die Sonne scheint, mehere Kilometer unter uns ist erst eine Wolkendecke, später die unglaublich schöne Landschaft des Nationalparkes zu sehen. Immer wieder taucht aus dem Nebel auf der anderen Seite der Krater hervor, weit im Süden, durchbricht der Chimborazo, Ecuadors höchster Berg, die Wolken.
Atemberaubend! Im wahrsten Sinne des Wortes. Aber wir haben es wirklich geschafft.
Alle vier.

Als ich am Nachmittag wieder in unserer Wohnung ankomme, ist das was nur wenige Stunden vorher passiert ist, schon unwirklich, unglaublich geworden.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hey joni
vielen dank nochmal für die tollen berichte - toll dass du uns an deinen erfahrungen und gedankengängen teilhaben lässt! dickes kompliment an deinen stil so macht das spaß;)
liebe grüße aus marburg (-1°C)
lina

Markus & Christian -Down Under- hat gesagt…

hey kleiner reinhold ;)
beeindruckend wo du uberall rumkraxelst. meine mom schaut nun auch regelmassig auf deinen blog, sie meint du sollest ein buch uber all deinen erfahrungen und kenntnisse schreiben :)
weiterhin viel spass

Markus & Christian -Down Under- hat gesagt…

...,ach genau bei usn sinds momentan ca. +30 grad

Anonym hat gesagt…

Hi Joni Hast den Anden Yeti gesehen ?
Nein,na dann war dein Ausflug wohl
umsonst schade !
Weihnachtliche Grüße aus dem Hinterland
senden dir Onkel Buhh ,Tante Silke und
Sascha, Rene sowie Saskia.
Frohe Weihnachten alle zusammen